Montag, 17. August 2015
Die letzten Monate
Nach dem Unfall beim Volleyballspielen, bei dem ich mir mehrere Bänder ziemlich böse überdehnt hatte, lief erst einmal gar nichts mehr. Ich hatte mein erstes richtiges, emotionales „Loch“. Denn da ich wegen meinem verletzten Fuß eine Woche ans Bett gefesselt war, wurde mir ziemlich langweilig. (Das einzig Gute, während dieser Zeit, waren die Massagen und liebevoll zubereiteten Obstteller meiner allerliebsten Gastgeschwister) Zudem lief mein Projekt nicht sonderlich gut, da ich sehr einfallslos war und einige meiner Schülerinnen aus den Gruppen ausgetreten sind, weil ich ihnen für ihren Geschmack zu schlechte Noten gegeben hatte. Da stutzt man schon ein bisschen und zweifelt an seinen Fähigkeiten, was nicht gerade Motivation bringt, kann ich euch sagen...
Ich begann aber dann eine Physiotherapie, die unglaublich hilfreich war. Am Anfang waren eigentlich nur 4 Sitzungen vorgesehen, aber es war dann wohl doch etwas schlimmer als gedacht, da meine Therapeutin eine leichte Verrenkung meines Sprunggelenkes festgestellte, die im Krankenhaus komischerweise mithilfe eines Röntgenbildes nicht bemerkt wurde... (Seit dem traue ich den Peruaner nicht mehr sonderlich, wenn es um Aussagen um meine Gesundheit und Angebote verschiedener Medikamente geht.) 'Bezahlt' habe ich die Physiotherapie übrigens durch Englischnachhilfestunden für den Sohn meiner Therapeutin. Das ist doch was!
So war also erst nach 6 Wochen (je 3 Sitzungen) mein Fuß wieder heile und ich konnte endlich schmerzfrei laufen. Trotzdem wurde nichts aus Sport machen. Denn gleich darauf bin ich ziemlich stark krank geworden und durfte deshalb das Krankenhaus zum dritten mal von innen gesehen. Gott sei Dank konnte alles durch Tabletten und andere Medikamente behoben werden, sodass ich nach ein paar Stunden auch schon wieder draußen war.

Aber der Nachhilfeunterricht bei der Physiotherapeutin ist nicht der einzige: Einer Lehrerin meiner Schule helfe ich, da sie gerade erst in einem Institut begonnen hat Englisch zu lernen, und auf keine Fall durch diese Prüfung Ende dieses Monats fallen darf. (Fragt mich nicht wieso, denn alles verstehe ich auf Spanisch wirklich noch nicht :D.) Ich war am Anfang ziemlich am Verzweifeln mit ihr, aber nach einiger Zeit hat auch sie verstanden, dass man, um eine neue Sprache zu lernen, Vokabeln lernen muss, wobei ich ihr natürlich nicht viel helfen kann.
Außerdem haben meine kleine Gastschwester Melli und ich ihren ersten englischen Vortrag vorbereitet, was viel Zeit beansprucht hat, da ihr die Aussprache der Wörter sehr schwer gefallen ist. (Sie hatte letztendlich dann volle Punktzahl!) Aber auch mit Cinthya war ich in letzter Zeit immer fleißig am lernen, da sie einen Englischkurs in ihrer Universität belegen muss und bemerkt hat, dass sie diesen nicht bestehen kann, wenn sie nichts versteht. So haben wir Grammatik besprochen, wichtige Verben zusammengeschrieben, deren Aussprache geübt usw..

Meinen Spanischkurs habe ich Mitte Juli abgeschlossen. (Das heißt aber noch lange nicht, dass ich perfekt Spanisch kann!) Also hatte ich nachmittags frei und habe so in letzter Zeit sehr viel Zeit damit verbracht, um zu lesen, mich wegen Studiengängen zu erkundigen (, da auch ich nächstes Jahr fällig bin), Zeit mit meiner Familie zu verbringen, im Haushalt mitzuhelfen (mit altem Hemd und Besen, weil sie es nicht auf die Reihe gebracht haben den kaputten Wischmop zu ersetzen), oder einfach nur ein leckeres Gericht zu kochen. Ja, diejenigen, die mich gut kennen, wissen, dass ich es früher überhaupt nicht mochte, stundenlang in der Küche zu stehen, aber hier komme ich einfach nicht drum herum. Ich kann mich ja nicht nur von Nudeln, Pfannkuchen, Reis und Kartoffeln ernähren, und außerdem freut sich auch meine Familie immer sehr, einmal etwas anderes zu probieren. Denn auch ihnen hängt langsam der Reis 'zum Hals raus'. (Es gab bisher EINEN Tag, an den es diesen nicht zu Mittag gab! - Wurde gleich fett in meinem Tagebuch unterstrichen.)

Wie ihr also merkt hat das peruanische „DenganzenTagnichtstun“ ganz schön abgefärbt. Doch nicht nur an die Mentalität habe ich mich angepasst, sondern auch an das Klima: Ich friere bei 23°C! Und nachts sinkt die Temperatur etwas unter 20 Grad, sodass ich in der Früh um 6:30 Uhr nicht ohne meinre Daunenjacke aus Deutschland aus dem Haus gehe.
Wenn mir das „Daheimrumgesitze“ doch einmal zu viel wird, gehe ich entweder joggen (, obwohl auch das auf Dauer langweilig wird in einer Stadt, weswegen ich inzwischen manchmal auf Yoga mit YouTube zurückgreife) oder Cinthya und ich machen uns auf, um ein bisschen durch die Innenstadt oder durch den größten Markt im Zentrum zu schlendern, Pizza essen zu gehen oder uns mit Freunden zu treffen. Aber unsere liebste Beschäftigung ist es geworden, uns in die Mitte des großen Einkaufszentrums „Real Plaza“ zu setzen, die Menschen zu beobachten und dabei ein Eis zu schlürfen. Dort gibt es übrigens auch einen riesigen Fernseher, wo Public Viewing angeboten wird, wenn zum Beispiel wichtige Fußballspiele anstehen, wie im Juni, als der „Copa America“ stattfand, was ähnlich unserer Europameisterschaft ist. Die meisten Peruaner lieben Fußball, obwohl ihre Nationalmannschaft nicht sonderlich erfolgreich ist. Deswegen waren alle sehr euphorisch, als Peru letztendlich auf dem dritten Platz gelandet ist! So auch ich.

Mit den Marinera-Tanzen habe ich nicht wieder angefangen, da ich mir erst eine andere Tanzschule suchen muss, weil meine alte natürlich normal mit dem Kurs fortgefahren hat, als ich wegen meines Volleyball-Unfalls verhindert. Vielleicht finde ich ja etwas anderes schönes, aber erst einmal möchte ich wieder mit meinem geliebten Volleyball beginnen. Dafür brauche ich jedoch meine Sportbandage, die ich in Deutschland gelassen hatte, die sich aber in einem Päckchen meiner lieben Mama (mit hoffentlich noch ein paar Überraschungen) auf den weiten Weg aus der Heimat nach Peru gemacht hat.
Außerdem ist es endlich einmal an der Zeit, ein paar Surfstunden zu nehmen und Quena, auch Andenflöte genannt, zu lernen, finde ich! Ich bin wahrscheinlich nur noch 4 Monate hier in Chiclayo, dann werde ich nämlich reisen gehen. Das ist gar nicht mehr so lange hin!

Zum Schluss muss ich noch etwas richtig stellen: Der letzte Blogeintrag „Der ganz normale Wahnsinn“ ist nicht negativ gemeint! Ich habe in diesem Eintrag ziemlich übertrieben; niemals würden all diese Sachen an einem Tag passieren. Trotzdem erlebe ich viele dieser Dinge jeden Tag, aber genau, weil es hier manchmal so chaotisch zugeht und weil es immer etwas neues zu entdecken gibt, LIEBE ich Peru!

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