Freitag, 13. November 2015
Die letzten Monate sind angebrochen
Die letzten 12 Wochen sind schnell vergangen! Es ist so viel passiert, dass dieser Blog leider darunter leiden musste, tut mir leid... Ich habe sehr viel zu erzählen!

Ich habe inzwischen jede Woche Surf – Stunden (das macht so unglaublich viel Spaß, kommt aber leider nicht ran ans Snowboarden ;)!),



bin stolzer Besitzer einer Anden- und Panflöte, in denen mich ein Freund von mir unterrichtet, habe zweimal in der Woche Marinera – Stunden und auch endlich einen Salsa-Kurs. Außerdem durfte ich dank meiner Sportbandage, die in einem Paket mit vielen Süßigkeiten und einigen anderen Überraschungen endlich hier in Peru angekommen ist, endlich wieder mit Volleyball beginnen!
Mit der Gruppe „Dos Sonrisas“ gehen wir immer noch jeden Samstag Nachmittag in ein Krankenhaus, um den Patienten dort ein oder zwei Lächeln zu entlocken. Jeden Donnerstag treffen wir uns, um das Thema für den folgenden Samstag zu besprechen. So üben wir Tänze ein, schreiben Sketche, basteln kleine Geschenke für die Kranken, nähen Handpuppen für ein kleines Theater oder bemalen unsere eigenen Kostüme. Und dabei haben wir eine Menge Spaß, singen, machen Musik, lachen und reden bis in die Nacht hinein. Das sind die Freunde, die mir das erste halbe Jahr in Peru gefehlt hatten.



Den Samstag Vormittag bin ich in der Schule, um zu unterrichten, denn die Schulferien enden dieses Jahr außerplanmäßig schon Ende November (normalerweise erst kurz vor Weihnachten), sodass die Tage, die verlorengehen würden, seit September in allen nationalen Schulen Samstags abgearbeitet werden. Der Grund nennt sich El Niño“, ein Phänomen, das nur alle paar Jahre in der Zeit um Weihnachten herum auftritt und uns hier an der Küste Perus starke Regenfälle bis hin zu Tsunamis bescheren kann. Dieses Jahr soll es den stärksten „El Niño“ seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen geben. Dadurch, dass sie hier in vielen Städten aber keine Straßenabläufe besitzen, durch die das Regenwasser in die Abwasserkanäle ablaufen könnte, wird das Wasser ansteigen und in die Gebäude laufen. Und keiner möchte Unterricht in einem Schwimmbad machen, stimmt's? Also machen die Peruaner lieber sechs Tage Unterricht die Woche, als einmal ein anständiges Kanalsystem zu bauen, das dann auch die Schäden der nächsten „El Niños“s verringern würde...

Immer mal wieder lehrt mich meine Gastmama die Zubereitung eine der vielen berühmten traditionellen Gerichte Perus. Zu Geburtstagen wird zusammen gekocht und die leckersten Speisen werden aufgetischt: Papa a la Huancaína (gekochte Kartoffeln mit einer gelben, scharfen Soße und gekochtem Ei), Arroz Árabe (Reis vermischt mit frittierten Spaghetti – Nudeln), Arroz con Pato (grüner Reis mit Ente), Lomo Saltado (zusammen angebratene Fleischstückchen, Tomaten, Zwiebeln und Pommes), Ceviche („Salat“ aus rohem Fisch und Limone) und vieles mehr. Doch da ich immer noch Vegetarier bin, kann ich das meiste leider nicht essen. Naja, probiert habe ich es wenigstens alles schon einmal. Nur bei dem Ceviche bin ich inzwischen ab und zu schwach geworden, muss ich zugeben...
Auch Antonia und ich kochen mindestens einmal in der Woche, um den interkulturellen Austausch perfekt zu machen. Außerdem fehlt es gerade ziemlich an Geld in meiner Gastfamilie, weil mein Gastpapa ausgezogen ist und er aus Trotz beschlossen hat, kein Essen mehr zu bringen, um das er sich sonst immer gekümmert hatte. Dafür ist die Atmosphäre hier in der Familie um einiges angenehmer, denn es gab immer wieder Probleme mit ihm, der Mama und ihren Kindern und haufenweise Streitereien, weshalb es jetzt wahrscheinlich besser so ist.
So kratzen wir alles zusammen, was wir an Essbaren zuhause haben. Viel ist es nicht, denn hier gibt es keine Speisekammern, aber genügend. So wirken wir vielleicht auch der Ameisen-Invasion entgegen, die sich gerade überall in der Küche bemerkbar macht. Denn wenn es nichts mehr gibt, hören sie vielleicht auf überall durch die Gegend zu schnüffeln...

Krank war ich auch viel in letzter Zeit, aber das liegt vielleicht auch daran, dass ich diesen Stress nicht mehr gewohnt bin (oder vielleicht auch, weil wir uns öfter mal einen Hamburger von einem der Straßenbuden holen, in denen die Hygiene nicht sooo hoch geschätzt wird, man aber leider auch nicht von mehr auf sie verzichten kann, wenn man einmal damit angefangen hat... So lecker! Und ja, das geht auch vegetarisch mit Spiegelei statt Fleisch ;))
Aber ich habe mir nach 6 Monaten gesagt: „Nix mehr mit diesem „Rumgeliege“, Sina! Denn jetzt hat das letzte halbe Jahr angefangen. Du willst es doch genießen und voll ausnützen. Dann mal los! Du hast noch so viel vor!“
Nicht, dass ihr mich falsch versteht. Das mit dem „Nicht-viel-machen“ das erste halbe Jahr habe ich auch gebraucht, glaube ich. Ich habe mich sehr viel Zeit mit mir selbst und meiner Zukunft beschäftigt und viel mit meiner Gastschwester unternommen. Das würde ich im Nachhinein nicht anders machen. Doch nach meinem Mid-Stay-Camp, das genau nach 6 sechs Monaten in Lima stattfand, wollte ich mit dem beginnen, was ich mir vorgenommen hatte, was aber wegen den anfänglichen Sprachschwierigkeiten zu kompliziert gewesen war die erste Zeit. Nach ca. fünf Monaten hatte es dann endlich „Klack“ gemacht und ich konnte mich bestens mit meinen peruanischen Mitmenschen unterhalten. Das hat natürlich alles viel einfacher gemacht. (Seitdem das meine Schülerinnen herausgefunden haben, meinen sie nur noch auf Spanisch mit mir sprechen zu müssen und vergessen dabei völlig ihr Englisch; das ist vielleicht der einzige Nachtteil des Ganzen.) Aber seitdem das mit dem Spanisch Sprechen so gut läuft geht es mir hier NOCH viel besser. Ich bin glücklich!

Auf dem 5-tägigen Mid-Stay-Camp in Lima haben wir hauptsächlich unsere Projekte noch einmal genauer erläutert, das Verhältnis zu unserer Gastfamilie aufgezeigt und über die Lösung eventueller Probleme diskutiert. Wir versuchten unsere Rolle in Projekt und Freiwilligendienst zeichnerisch und pantomimisch darzustellen. Auch ging es darum, wie wir uns in diesem halben Jahr verändert haben und inwiefern Anpassung stattgefunden hat. Und das natürlich nun alles in Spanisch!
Zum Schluss mussten wir noch eine Liste mit Plänen und Vorhaben jeglicher Art (neue Ideen in seinem Projekt, Unternehmungen mit der Gastfamilie, Kochstunden usw.) und deren Durchführung für das restliche halbe Jahr verfassen.



Es war wirklich interessant den Erfahrungen und Erzählungen der anderen zuzuhören. Wir haben einiges dazu gelernt und neue Sichtweisen und Herangehensweisen vor Augen gelegt bekommen. Im Prinzip ist es uns aber so vorgekommen, als hätten wir mehr gegessen, als gearbeitet, aber das kannten wir ja schon. So sind die Peruaner nun mal.

Direkt nach dem Seminar bin ich dann auf die Hochzeit einer Cousine meiner Gastschwester gefahren. Absoluter Traum, sag ich da nur! Strand, Sonnenuntergang, Freunde, Familie und italienisches Essen!!!
Dort habe ich mal wieder festgestellt, dass die Peruaner ganz schön auf Kitsch stehen. Außerdem feiern sie so richtig, wenn sie mal dabei sind. Und das bis in die Morgenstunden hinein, obwohl das Ganze schon nachmittags anfing... Gefällt mir, hier bleibe ich ;)

Aber da ich euch alle schon ein bisschen vermisse, muss ich zugeben, und weil ich außerdem doch einmal zu studieren anfangen sollte, werde ich nach genau einem Jahr im März 2016 wieder nach Hause zurückkehren. Flug ist schon gebucht!
In Chiclayo werde ich nur noch bis zum Jahreswechsel bleiben. Danach heißt es: Reisen und das Land entdecken, in das ich mich innerhalb dieser acht Monate so verliebt habe.
Natürlich war ich auch vorher schon ein paar mal unterwegs (worüber ich auch noch einen Blogeinträge veröffentlichen werde, versprochen), aber ich wollte mein Freiwilligendienst und das Reisen so gut wie möglich trennen, da ich das Gefühl habe, dass das zwei sehr verschiedene Dinge sind und man aus beiden Unterschiedliches lernen und mitnehmen kann. Und da ab Dezember die Sommerferien beginnen und so das Schuljahr und auch meine Freiwilligendienst endet, habe ich genügend Zeit meine zweimonatige Reise vorzubereiten und den letzten Monat mit meiner Gastfamilie und meinen Freunden zu verbringen. Vor allem an Weihnachten und Neujahr in Chiclayo zu sein, war mir wichtig, da ich so noch einmal neue Traditionen und Bräuche kennenlernen werde. Außerdem muss ich doch Weihnachten am Strand feiern, wenn ich schon keinen Schnee habe!

Liebste Grüße von der sehr beschäftigten Sina

PS: Ich habe mein erstes Erdbeben miterlebt! War (Gracias a Dios) nur ein kleines, aber trotzdem! Komisch, wenn sich plötzlich der Boden unter seinen Füßen bewegt...

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