Freitag, 15. Mai 2015
Ich möchte euch ein bisschen mehr über mein Projekt erzählen:
Ich unterrichte vier mal die Woche Englisch in den 4. und 5. Klassen der Sekundärstufe in einer öffentlichen katholischen Mädchenschule. Die Schülerinnen tragen alle eine Uniform, und müssen um 6:45 in der Schule sein für das tägliche Morgengebet. Eine Schulstunde dauert hier 40 Minuten. Nach 120 Minuten gibt es 15 Minuten Pause, um danach nochmals 3 Schulstunden zu arbeiten. Sobald das Abschlussgebet um 12 Uhr durch die Lautsprecher gedrungen ist, machen sich Schüler sowie Lehrer schnellstmöglich auf den Weg nach draußen, um Platz zu machen für die Klassen der 1. bis 3. Jahrgangsstufe der Sekundärstufe, die ihren Unterricht um 12:30 beginnen.
Meine Schule ist für dieses Jahr umgezogen, da das eigentliche Schulgebäude gerade renoviert wird. Unterrichtet wird also in Containern.




Ein richtiger Sportplatz ist deswegen auch nicht vorhanden.



Nun etwas zu dem Schulsystem:
Jeder besucht 6 Jahre eine Grundschule und wechselt danach in eine Highschool, die 5 Jahre dauert. Danach beginnen die meisten in einer der zahlreichen Universitäten hier in Chiclayo zu studieren, das nochmals 5 Jahre benötigt. So sind dann die meisten ca. 22 Jahre alt, wenn sie völlig ausgebildet anfangen zu arbeiten.
Es gibt eine nationale Universität, die nichts kostet, in der es aber sehr schwer ist aufgenommen zu werden, da nur eine begrenzte Anzahl an Studienplätzen vorhanden ist. Deshalb muss man einen sehr schweren Aufnahmetest bestehen, auf den sich viele in extra Instituten das Jahr vorher schon vorbereiten.

Einige besuchen zusätzlich noch ein Englischinstitut, da in öffentlichen Schulen eigentlich nur 'Basics' unterrichtet werden, wie zum Beispiel Farben, Körperteile, Zahlen oder present/past tense.
Aber das ist nur ein Problem von vielen.
Es geht weiter damit, dass die Klassen eine Größe von 30 bis 40 Schülerinnen haben und nur 2 mal 40 Minuten Englischunterricht pro Woche angesetzt sind (Achtung: Ich spreche nur von den öffentlichen Schulen. Bei den Privaten sieht das alles anders aus!) Zum Vergleich: für Mathematik und Kommunikation ('Spanisch'- Unterricht) hat man jeweils 6 Stunden. Die Englischlehrer selber verlernen das Englischsprechen, da sie im Unterricht kein Englisch anwenden können, weil sie sonst von vielen nicht verstanden werden. Die meisten Schüler haben Angst vor der englischen Sprache, da man sie anders ausspricht, als man sie schreibt... Ja, da kommt auf jeden Fall einiges zusammen, was zur Folge hat, dass die Schüler der 1. Jahrgangsstufe der Highschool das selbe Englischlevel haben wie die der 5. Jahrgangsstufe.

Ich habe mich schon öfter über diese Problematik mit einer der Englischlehrerinnen an meiner Schule unterhalten. Sie sagt, sie versuche das beste aus ihrem Unterricht zu machen, aber letztendlich müsse sie sich an den vom Ministerium vorgesetzten Lehrplan halten. Sie hat mir aber angeboten, mir doch einmal eine ihrer Stunde anzusehen, um ihr danach vielleicht neue Ideen zur Gestaltung ihres Unterrichts vorzuschlagen zu können. Das hat mich total gefreut, da sich nicht jeder die Meinung eines 19-jähriges Mädchen anhören würde! Überhaupt wird mir sehr viel Verantwortung übertragen, da ich allein Gruppen von 1-6 Schülerinnen unterrichte. Ich selbst bin zuständig dafür, was ich mit den Mädels das Jahr über mache und wie ich ihr Englisch verbessere. Außerdem vergebe ich alle 2 Monate die mündlichen Noten. Das ist gar nicht so einfach, denn ich kann ihnen eigentlich keine Punkte unter 14 geben (es gibt Punkte von 0 – 20), da vielleicht manche ihrer Klassenkameraden bessere Bewertungen bekommen, obwohl sie eigentlich viel schlechter Englisch sprechen. Doch ich kann ihnen auch nicht allen super gute Punkte geben, da sich doch deutliche Unterschiede aufgezeigt haben, was ihr Englischlevel angeht. Außerdem muss man sich erst mal alle Namen gemerkt haben, um überhaupt irgendeine Note vergeben zu können! Ich muss sagen, langsam kann ich mich nur allzu gut in die Lage eines jeden Lehrers hineinversetzen und entschuldige mich hiermit für jedes Anpampen...




Ein Tag vieler meiner Schülerinnen sieht so aus: Sie gehen bis 12 Uhr zur Schule, zu Hause essen sie etwas und machen sich sofort wieder auf zu ihrem Englischinstitut (freiwillig!). Danach werden Hausaufgaben gemacht und dann geht’s auch schon ab ins Bett. Einmal in zwei Monaten stehen zusätzlich noch Examen an, die in jedem Fach geschrieben werden. Auf diese bereitet man sich dann noch bis spät in die Nacht vor, sodass die Mädels am nächsten Morgen im Unterricht fast vom Stuhl fallen vor Müdigkeit. Und da beschweren wir uns über das G8 in Bayern...

P.S.: Viele der Informationen dieses Berichtes stammen von meinen Schülerinnen, die ich gerne über die verschiedensten Themen wie Politik, Schulsystem, Feiertage und Feste, das Gesundheitssystem oder über Geschichte ausfrage. Das ist sehr praktisch, da ich so sehr viel über Peru lernen kann und sie gleichzeitig sprechen üben.
Aber es entstehen auch manchmal ein paar Verständigungsprobleme, weswegen ich nicht für totale Richtigkeit garantiere :D.

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