Donnerstag, 9. April 2015
So hallo,

das 'Vegetariersein' läuft gut. Meine Familie hat es akzeptiert, obwohl sie es definitiv nicht verstehen. Ich muss oft selbst etwas für mich kochen, da es meistens nur Gerichte ohne Gemüse gibt. Aber das ist nicht so schlimm. Meine thailändische Gastschwester und ich haben inzwischen auch angefangen ab und zu am Abend Gerichte aus unseren Ländern zu kochen. Pfannkuchen und Kässpätzle sind gut angekommen ;)

Inzwischen habe ich schon wieder ein paar spannende Sachen erlebt:
Ich war schon dreimal am Strand. Doch immernoch wechseln meine Gefühle auf dem Weg dorthin so wahnsinnig schnell wie die Umgebung um mich herum: Mal bin ich so glücklich, wie ich das keinem beschreiben kann, dann wütend über den schlechten Umgang mit Müll, wenn riesige Müllfelder an mir vorbeiziehen, und dann traurig, wenn die ärmeren Viertel in Sicht kommen. Das macht mich immer sehr nachdenklich...

Außerdem ist letzte Woche ca. 50 Meter von mir entfernt einer Frau ihr Handy aus der Hand gerissen worden. Wir standen gerade in einem Park, da hören wir es plötzlich laut Schreien und Kreischen und sehen auch schon, wie der Räuber auf uns zurennt. Wir waren zu viert! Wir hätten ihn aufhalten sollen.. Aber keiner hat etwas gemacht, jeder hat nur zugesehen. Später habe ich gefragt, warum, und sie sagten, dass man einfach nicht wisse, was der Räuber in der Hand hält. Es könnte ein Messer sein, aber eben auch eine Pistole. Ich habe mich immer sehr sicher gefühlt bis jetzt, aber da sieht man mal, wie schnell so etwas passieren kann. Nicht umsonst hat meine Organisation uns geraten, auf der Straße kein Handy oder Geld herauszuholen, überhaupt nie viel Geld dabeizuhaben, keinen Schmuck und seinen Rucksack immer vorne am Bauch zu tragen.

Dann hat mich meine Gastschwester Cinthya letzten Mittwoch auch noch in einen Horrorfilm geschleift (die meisten Peruaner LIEBEN Horrorfilme), was natürlich das Wohlbefinden nicht so ganz fördert (zumindest bei mir). Hab mir also fast den ganzen Film die Augen zugehalten, dann ging's schon.

Aber nun zu den schönen Dingen: Den Ostersonntag hab ich am Meer verbracht. So wunderschön! Vor allem die Sonnenuntergänge...

Mit meiner kleinen Gastschwester Melissa

Danach wollte ich noch in den Gottesdienst gehen, aber daraus ist nichts geworden, da stattdessen vor der Kirche groß gefeiert wurde. Ich kam mir vor wie auf einem Jahrmarkt: Es gab Süßigkeitenstände, eine Hüpfburg und eine Band, die lautstark ihre Lieder durch die Straßen schmetterte. Aber ich fand's interessant! In Peru ist der Großteil der Bevölkerung römisch-katholisch. Der Tag der Auferstehung Jesu' wird hier somit in einem frohen großen Fest gefeiert, was in den Gottesdiensten in Deutschland nicht unbedingt der Fall ist... Aber das Ostereier-Suchen und Osterlamm-Essen mit meiner Familie habe ich schon etwas vermisst, muss ich zugeben.

Mit den Mädels aus meinem Projekt komme ich echt super aus. Doch so langsam muss ich mir Gedanken machen, über was ich mit ihnen das ganz nächste Jahr so reden möchte. Das ist ganz schön schwer, denn es muss möglichst jeder sprechen üben und ihnen soll ja auch nicht langweilig werden...
Es sprechen mich auch immer wieder Leute an (ob Lehrerin, Schülerin oder Bekannte der Familie), ob ich denn nicht Nachhilfeunterricht in Englisch geben könnte. Da sag ich natürlich nicht nein, denn dafür bin ich ja da.

Ich bin fleißig am Spanisch lernen und habe mir letzte Woche sogar den dritten Teil von Harry Potter auf Spanisch gekauft. Ich brauche zwar fast eine Stunde für eine Seite, aber das wird bestimmt bald besser :D

Ich weiß, das kommt ein bisschen zu spät, aber ich wünsche euch allen noch frohe Ostern!
Liebste Grüße,
Sina

PS: Von meinem Projekt aus muss ich nur vormittags arbeiten und am Mittwoch habe ich ganz frei. Deshalb würde ich mich gerne in meiner restlichen Zeit noch wo anders nützlich machen. Kennt jemand von euch eine Organisation oder ein Projekt in Chiclayo, in dem man sich zusätzlich noch sozial engagieren könnte? Gerne auch etwas, das mit Umwelt oder Tieren zu tun hat. Schreibt mir doch einfach, wenn ihr was wisst.

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